... niemandem mehr. Der, dessen Freude die Hand gewesen war, hatte schon vor fünf Minuten erkaltend festgestellt, dass der Glaube an ein besseres oder schlechteres Jenseits nur eine trügerische Hoffnung ist. Paul war es unangenehm die Hand des Toten zu halten, aber es schien ihm auch pietätlos sie einfach wieder loszulassen. So hockte er geraume Zeit auf dem Weg und schon binnen kurzem hatte der dicht fallende Schnee ihn über und über weiß gepudert.
"Paul ...PAUL...PAAAUUUL", das immer lauter werdende Rufen seiner Mutter liess M. hochschrecken. Wie sollte er ihr den Toten erklären. Bevor er auch nur einen Gedanken an Beschwichtigungen und Ausreden verschwendet hatte, stand sie schon neben ihm und begann mit klagender Stimme auf ihn einzureden, "Paul, was trödelst du rum, du wirst dir noch den Tod holen und deine alte Mutter hilflos zurücklassen." "Mama...", setzte Paul an, aber wie üblich schnitt sie ihm das Wort ab,"Komm rein und spiel hier nicht wie ein Kind im Schnee herum, du bist genau wie dein Vater"
Paul erinnerte nur vage an den Vater. Lebendig hielten die Erinnerung nur die bei jeder Familienzusammenkunft von der Mutter vorgetragenen Geschichten. Wie der Vater vor vierzig Jahren nur mal eben zum Schneeschippen nach draussen ging und seitdem nicht wieder gesehen worden war. Den Gerüchten und boshaften Anspielungen, dass der Verschollene nur zwei Dörfer weiter wohnen solle und dort eine andere Familie habe, hatte er nie Gehör geschenkt, denn davon hätte Mama doch bestimmt gewusst.
Mit einem Gefühl der Wehmut liess er die Hand los und stand auf. "Ja Mama, ich komm schon rein", fürsorglich legte er den Arm um die schmalen Schultern der alten Frau. Mit der Vertrautheit von Menschen die ein ganzes Leben zusammen sind, gingen sie den erneut mit einer dünnen Schneeschicht bedeckten Weg zum Haus hinauf.
Der Tote blieb unbeachtet zurück. Am späten Abend setzte Tauwetter ein. Ein atlantisches Tiefdruckgebiet führte Warmluft verbunden mit starken Regenfällen heran. Der Leichnam wurde noch in der selben Nacht in den nahen Fluss gespült und erst drei Monate später in sehr schlechtem Zustand von einer Untertertia des humanistischen Gymnasiums aus W. während eines Osterausfluges gefunden. Die Obduktion ergab, dass der Tote nicht wie man erwarten möchte, der....
lösungen:
N 19-01-2002 von aw